Angscht a Schrecken beim dretten an vermutlech leschten Deel vun der „Angscht a Schrecken zu Köln Trilogie“

Jedes Epos hat einen Anfang und so hat auch jede Trilogie ein Ende. Und dies ist das Ende der Angscht a Schrecken zu Köln Trilogie.
Inhalt: StadtLandFluss, das 7. Forum zur Perspektiven Europäischer Jugendpolitik mit dem Thema »Bildungschancen in Europa«, schreckliche Kuchen, und eine betrunkene Odysee durch das nächtliche Köln. Da Switchpod im Moment Mist baut, gibt es die Datei erst einmal bloß hier. Mal sehen wann der Feed wieder funktioniert.

Ich erwachte nach einer ziemlich schrecklichen Nacht in Köln. Das erste, was ich sah, war das verschwommene Abbild einer fremden Decke. Ich kramte halbblind nach meiner Brille, setzte sie auf und starrte erneut an die fremde Decke. Keine Blutflecken. Sehr gut.
Ich bemerkte, dass ich nicht in einem Bett, sondern auf dem Fußboden lag. Mein Rücken schmerzte erstaunerlicherweise nicht. Mein Kopf war noch ein wenig vernebelt, aber immerhin war das leichte Schwindelgefühl, das ich vor dem Einschlafen verspürt hatte, verschwunden.

Wir hatten in einem Haus außerhalb von Köln übernachtet. Bei Freunden, die die luxemburgische Hälfte unserer Reisegruppe wie exotische Tiere behandelten und hervorragend beköstigten. Durch einen Wald fuhren wir zurück nach Köln. Im Radio lief eine merkwürdige Sendung, wo von fallenden Zigarettenblättchen die Rede war. Oder so ähnlich. Das erinnert mich daran, dass ich ständig von irgendwelchen Menschen gefragt werde, ob ich Blättchen hätte. Ich sehe vielleicht ein klein wenig so aus, als würde ich manchmal rauchen, aber trotzdem stört es mich. Wenn man schon nach einer etablierten und gesellschaftlich akzeptierten Droge süchtig ist, soll man gefälligst auch immer die richtigen Utensilien dabeihaben. Noch nie hat ein Fixer mich nach einem Löffel gefragt, oder ein Kokser nach einem Strohhalm, aber Raucher scheinen da vergesslicher zu sein.

Der Tag verlief relativ ereignisslos. Wir aßen friedlich ein Eis, spielten im Park Stadt Land Fluss und schauten uns zum Ausklang des Abend friedlich einen Krimi an.
Ich habe die unangenehme Eigenschaft, bei Actionszenen einzuschlafen. Langweilige Filme mit langen Gerichtsszenen und komplizierten Dialogen über die Abtreibungsproblematik und die Rechte von Versuchshamstern in Amsterdam kann ich mir stundenlang anschauen, aber sobald eine Verfolgungsjagd beginnt, bei denen niederländische Versuchshamster eine Abtreibungsklinik mit Waffengewalt stürmen und dann von der Polizei von Los Angles bis nach Wladiwostok gejagdt werden, nicke ich ein. Meine Augenlieder werden schwer und mein Kopf fällt unkontrolliert nach unten.

Das angsteinflössende beim Einnicken ist dieses jähe Aufwachen, wenn der Kopf sich der Kontrolle entzieht und nach unten schellt. Man wacht wie auf einen Schlag wieder auf, ist aber vom Schleudertraume so benommen, dass man gleich wieder einnickt.
Zum Glück kamen bei diesem Krimi nicht zu viele solcher Szenen vor, denn sonst hätte ich dem Inhalt nicht unbedingt folgen können.

Anderseits fühlte ich mich in dem absolut geschmacklos eingerichteten Hotel, das im Eingang über einen japanischen Zimmerbrunnen verfügte, ein wenig einsam und auf eine unheimliche Art und Weise allein. Als ich über den Krimi nachdachte und mich daran erinnerte, dass gegenüber von dem Zimmerbunnen eine Vitrine mit Marienstatuen stand, drehte sich mein Magen kurz um. Ich war kurz davor, mein Zimmer zu betreten, wo wahrscheinlich eine zerstückelte Leiche auf mich wartete, die das Opfer eines militanten Versuchshamsters geworden war. Ich öffnete die Tür, sprang mit einem Fuß horizontal nach vorne in das Zimmer, um eventuelle Gegner auszuschalten. Als ich niemanden sah, drehte ich mich atemlos um. Niemand. Schnell öffnete ich die Badezimmertür.
Auch in der Badewanne nichts. Ich war sicher. Auf jeden Fall für diese Nacht.

Am Montag wachte ich wieder mit einem Gefühl der Desorientierung auf. Zumindest hatte ich diese Nacht in einem Bett verbracht. Allerdings wurde man in diesem Hotel wahrscheinlicht nicht sehr viel anders behandelt als sonstwo. Der Exotenbonus wie am Morgen zuvor galt also nicht mehr. Da diese Gewissheit mir nicht viel brachte, nahm ich erst einmal ein Bad. Immer wieder stelle ich mir die Frage, und so tat ich es auch diesmal, wieso der Mensch Badeschaum erfunden hatte.
Ich verstehe sehr wohl die reinigende Wirkung von Seife, aber wieso musste sie dichten weißen Schaum bilden? War dies eine Erfindung prüder, aber wissenschaftlich interessierter Puritaner, die ihr eigenes Geschlechtsteil nicht sehen wollten, während sie in der Wanne lagen?

Wir frühstückten im Frühstücksaal des Hotels, der noch furchtbarer und geschmackloser eingerichtet war als der Rest. Auch hier gab es eine Vitrinie mit Marienstatuen und Heiligenbildchen. Angst und Schrecken bedienten sich ebenfalls reichlich am Frühstücksbuffet. Ich hatte plötzlich nicht mehr sehr viel Hunger.

Wir machten uns also auf den Weg zum 7. Forum zur Perspektiven Europäischer Jugendpolitik mit dem Thema „Bildungschancen in Europa“. Dieses Forum fand im Maternushaus statt, einem Tagungsgebäude aus roten Ziegeln. Tagungsgebäude sind selten aus roten Ziegeln, haben aber meistens Säale mit merkwürdig klingenden Namen wie „Ursula“ oder „Hedwig“. Namen also, die kein Mensch sich merken kann und die nicht wirklich dazu beitragen, daß man das Zimmer, in das man gelangen soll, schneller findet. Im Gegenteil.

Aber das Problem stellte sich zuerst nicht. Wir betraten das Foyer dieses überaus hässlichen Baus und mischten uns in die Menschenmenge. Irgendein Drogenverrückter hatte Menschen angeheuert, die offenbar lustig sein sollten. Einer hatte einen Anzug aus dem Theater geliehen, der andere trug etwas über dem Kopf, was verdächtig nach Kartoffelsack aussah. Mit einer Hand simulierte er ein Tier, das von dem Anzugträger an einer Leine geführt wurde.

Wie gesagt: Meiner Meinung nach konnte nur ein Drogenverrückter solche Leute engagieren. Angst und Schrecken hatten das Maternushaus besetzt. Ich war in eine Meute von Pädagogen geraten, die über zweitklassige Komik mit dem Charme von Straßenpantomine lachten.

Im Hintergrund immitierte jemand Tori Amos mehr oder weinger tollerabel.
Ich stellte mich in die Reihe, zu der mein Buchstabe gehörte und trug mich ein. Neben einem Programmheft mit ungefähr 15 Fehlerkorrekturen erhielt ich auch ein buchartiges Heftchen. Wahrscheinlich war das zur Selbstverteidgung gegen das Komikerduo gedacht. Ich war bereit und gewillt, es zu benutzen!

Der Tagungstag fing mit einer langwierigen Eröffnung an. Dann gab es Essen und danach Workshops, bei denen sich Pädagogen zuerst zerstritten, dann irgendwann feststellten, dass wir alle nur Menschen sind und sich dann gegenseitig beklatschen. Angst und Schrecken waren meine ständigen Begleiter. Ich fragte mich, ob es einen Fluchtweg aus dem Maternushaus geben würde, aber der einzige Ausgang wurde wahrscheinlich von dem Komikerduo und Tori Amos versperrt, die einen wie mit einer Stimme mit den Worten DU KOMMST HIER NICHT VORBEI! Ankläffen würde, näherte man sich dem Tor auch nur.

Am Abend dann hatte man uns in den Schloßgarten eingeladen. Da das nicht sehr weit weg von der
Kneipe gegenüber von Condomi war, genehmigten wir uns dort erst ein Glas. Unsere Tagungsgesellschaft bestand nur noch aus ¾ unserer Reisegesellschaft. Es gingen aber nur 2/3tel unserer Tagungsgesellschaft in den Schloßgarten. Was rein rechnerisch ½ (die Hälfte) unserer Reisegesellschaft war. Es gab auch nur einen Grund, weshalb wir dorthin wollten: Torte. Kuchen.

An dem 7. Forum zur Perspektiven Europäischer Jugendpolitik mit dem Thema „Bildungschancen in Europa“ nahmen 5 verschiedene Länder teil. Und genau so viele Kuchen gab es. In Form der Länder. Diese wurden in einer Zeromonie feierlich angeschnitten.
Es war angsteinflössend. Welcher Verrückte war auf diese Idee gekommen? Wieso machte man nicht einfach eine große Torte? Nein, es musste natürlich wieder einmal etwas besonders scheußliches sein.

Das einzige, was jetzt noch blieb, war die Flucht.
Und diese Flucht hielt einige Stunden lang an, ging durch mehere Kneipen in Köln und verwandelete sich dann in eine betrunkene Odysee durch eine fremde Stadt, bei der wir versuchten, den Dom wiederzufinden, was sich letzendlich als zu lösende Aufgabe herausstellte.

Angst und Schrecken hatten mich. Würden wir je wieder aus dieser Karnevalshochburg herauskommen? War das Getreidesilo schlussendlich doch explodiert? Wer hatte diese schreckliche Idee mit den Kuchen ausgedacht?
Zwischendurch knutschen Menschen. Andere pinkelten gegen einen Baum. Ich fotographierte Sticker.
Auf der Domplatte schien sich alles zu entscheiden. In Wahrheit aber war alles bereits entschieden. Ich torkelte voller Angst und Schrecken zurück ins Hotel. Ein weiterer Tag voller Angst und Schrecken lag noch vor mir. Alles, was jetzt noch blieb, war die Flucht in einen dunkeln, traumlosen Schlaf. Aber nicht ohne zuvor die allesentscheidende Frage noch einmal zu stellen: Was war eigentlich mit Faust los?